Über meine Arbeit, Skadi Engeln

 

Landschaft löst sich auf in Licht, Wasser, Wetter. Und durch den Menschen. Dank ihrer Schwerkraft setzt sie sich immer wieder aufs Neue zusammen. In ihren Übergängen enthüllt sie ihr Wesen, ihre Transzendenz und ihre Schönheit. Wie die Landschaft weiß auch die Malerei das Konkrete, das Feste, das Sichtbare, das uns Vertraute aufzulösen.

Landschaft als Synonym für Welt reflektiert dem Betrachter dahinterliegende Wirklichkeiten, Wahrheiten, verschlüsselt sie, lässt sie wieder durchscheinen und gibt sie nur annähernd preis. Der Horizont als zentraler Ort in meinen Arbeiten trennt und verbindet das Oben und Unten, das Davor und Dahinter.
Filtert die Landschaft schon Dahinterliegendes, ist der menschliche Blick an sich beeinflusst, geprägt, verstellt. Ich versuche nicht, Dahinter- oder Davorliegendes zu entschlüsseln. Das Geheimnis soll bewahrt bleiben, ebenso die Schönheit, die vielleicht grade in der Verschlüsselung, im Geheimnisvollen liegt.

Seit 2001 befasse ich mich intensiv mit abstrakter Landschaftsmalerei. In meiner aktuellen Arbeitsweise erscheinen die Landschaften verdeckt durch einen Vorhang, einen Schleier, gestört, irritiert, durchwebt von Linien oder Streifen. Sie schaffen Distanz zwischen Landschaft und Betrachter. Es könnte sich um Landschaftsbeobachtungen aus einem fahrenden Zug handeln, in dessen Scheiben sich sein Inneres spiegelt – die zerkratzt sind und an denen Masten rhythmisch den verschmelzenden Blick in die Weite unterbrechen. Um Gardinen, die von der Welt schützend trennen. Um technische Fehler von Bildschirmen, an denen Landschaftsaufnahmen betrachtet werden – um Musik, Gedanken und Gespräche, die einen Spazierenden bewegen und sich so in seine Wahrnehmung und Erinnerung an die Landschaft einweben.

Die serielle Aufteilung eines Motives auf mehrere Untergründe spielt auf Fotoreihen an, die einen zurückgelegten Weg dokumentieren. Es geht um den menschlichen, beobachtenden Blick, seine Verarbeitung und seine Wechselwirkung mit dem Beobachteten, der Landschaft. Und somit auch um den Einfluß des Beobachtenden, des Menschen, auf die Landschaft.

Ich habe im Frühjahr 2011 meine Landschaften zu “stören” begonnen. Zeitgleich mit dem Nuklear-Unfall in Fukushima hatte sich meine malerische Sichtweise verändert. Die Streifen und Linien, die ich über und unter meine Bilder zu setzen begann und hineinwebte, ließen mich so zunächst an die verstrahlte Landschaft denken. Das Berry, die Uckermark, das Meer und andere Orte, die Ausgangspunkt meiner Landschaftsbeobachtungen sind, haben auch nach Fukushima nichts von ihrer Schönheit eingebüßt. Dennoch ist ihnen nun in meiner Malerei ein Rhytmus und auch ein Konflikt eingeschrieben, der sich vibrierend hineinwebt. Der Mensch hat sich als Vertikale in meine Landschaften integriert, als Betrachter und Wirkender.